Räume entstehen oft lange bevor sie gebaut werden – als Konzept, als visuelle Idee, mit einem gestalterischen Ziel vor Augen. Für eine Zahnarztpraxis im Freiburger Stadtteil Herdern entwickelten wir ein innenarchitektonisches Konzept, das weit über den rein funktionalen Anspruch hinausdachte. Geplant wurde ein Ort der Ruhe, Klarheit und Wärme – mit einer Gestaltungssprache, die nicht nur den Raum selbst prägt, sondern auch die Corporate Identity einer wachsenden Praxisfamilie mit mehreren Standorten berührt. Mit dieser Entwurfsarbeit geben wir Einblick in die Haltung, mit der in unserem Studio gestaltet wird: atmosphärisch, präzise – und mit Blick auf das große Ganze.
GESTALTUNG & CORPORATE IDENTITY – EINE KLARE SPRACHE
Wie lässt sich Ruhe gestalten? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Entwurfs – und wurde zur Grundlage einer klaren, sensiblen Gestaltungssprache: sichtbar in Formen, Farben und Schriften.
Der neue Auftritt – räumlich wie visuell – sollte Vertrauen ausstrahlen, Orientierung geben und zugleich eine feine, fast feminine Wärme vermitteln.
Sanfte Farbtöne wie Weiß, Beige und Puder bestimmen die Grundstimmung. Ergänzt wird das Spektrum durch ein tiefes Dunkelblau, das nicht nur als Akzentfarbe wirkt, sondern auch zur neuen CI-Farbe der Praxis wurde. In Kombination mit einem hellen Graublau entsteht ein subtiler Hell-Dunkel-Kontrast, der Ruhe schafft – ohne Schwere.
Abgerundete Formen ziehen sich durch alle Ebenen der Gestaltung: vom Möbelentwurf über Spiegel, Leuchten und Akustikelemente bis hin zum Logo und der Typografie. Gestaltung und Identität greifen ineinander – denn neben dem Raumkonzept entstand auch ein visueller Auftritt, der künftig an allen Praxisstandorten für Wiedererkennung sorgt.
MÖBELKONZEPT – RAUM SCHAFFEN, WO KEINER IST
Die räumlichen Bedingungen stellten besondere Anforderungen an das Konzept: Die Praxisräume sind klein, verwinkelt – strukturelle Eingriffe nicht möglich. Der Entwurf reagierte darauf mit maßgeschneiderten Möbeln, die Funktion und Gestaltung nahtlos verbinden.
Statt umzubauen, wurde der Raum neu gedacht – über Einbauten, die Ordnung schaffen, Technik integrieren und Stauraum intelligent nutzbar machen.
Der Fokus lag dabei auf dem Alltag der Mitarbeitenden: Wie lässt sich der Praxisbetrieb vereinfachen, wie kann das Arbeitsumfeld klarer, ruhiger, strukturierter werden?
Die Antwort lag in individuell entworfenen Stauraumlösungen, abgestimmt auf die jeweiligen Nutzungsszenarien – verbunden durch eine durchgängige Formensprache und ein zurückhaltendes Farbkonzept, das visuelle Ruhe in den oft hektischen Alltag bringt.
REZEPTION – FUNKTION IN FORM GEBRACHT
Der Empfang ist nicht nur der erste Berührungspunkt mit der Praxis – er ist auch ein Ort der Organisation, Kommunikation und Diskretion. Der Entwurf des neuen Empfangstresens vereint all diese Anforderungen in einem maßgefertigten Möbelstück, das sich als raumbildende Einheit versteht.
Geplant wurde eine U-förmige Struktur, die den Arbeitsplatz schützt, technische Elemente verbirgt und gleichzeitig einladend wirkt. Der Tresen verbindet sich räumlich mit einem rückseitigen Aktenschrank – und bleibt dabei gestalterisch zurückhaltend, klar und ruhig. Ein Möbel, das im besten Sinne mitdenkt.
IN JEDEM PROJEKT SUCHE ICH NICHT NUR EINE LÖSUNG – SONDERN EINE GESCHICHTE, DIE RAUM FINDET. ENTWERFEN HEISST FÜR MICH, MÖGLICHKEITEN SICHTBAR ZU MACHEN UND WEGE FÜR IHRE UMSETZUNG AUFZUZEIGEN – SELBST WENN DER RAUM (NOCH) NUR IN GEDANKEN EXISTIERT.
Olga Wagner, Freie Innenarchitektin
FLUR – ÜBERGANGSZONE MIT FUNKTION UND ATMOSPHÄRE
Der Flur verbindet die einzelnen Bereiche der Praxis – und wurde im Entwurf bewusst als gestalteter Raum verstanden, nicht nur als Weg. Die geringe Breite stellte dabei eine Herausforderung dar, eröffnete aber zugleich die Möglichkeit, gezielte gestalterische Akzente zu setzen.
Schlanke Einbauten wie eine Garderobe mit Ablage, ein großer runder Spiegel und die lamellenverkleideten Heizkörper greifen gestalterische Elemente des Empfangs auf und führen sie im Raum weiter.
Am Ende des Flurs wurde ein kompaktes Minilabor für Zahnersatz integriert – ein funktionaler Bereich, in dem moderne Geräte wie ein 3D-Drucker zum Einsatz kommen. Ein maßgefertigter Einbauschrank, der Technik, Arbeitsfläche und Stauraum auf engstem Raum bündelt. Die ausziehbare Arbeitsfläche ermöglicht flexibles Arbeiten, ohne den Flur zu blockieren.
Abgetrennt wird dieser Bereich durch eine schallgeschützte Glastrennwand – ein transparenter Abschluss, der Leichtigkeit bewahrt und gleichzeitig funktional trennt.
WARTEBEREICH – RAUM FÜR ALLE
Der Wartebereich wurde als einladender Aufenthaltsraum neu gedacht – weg von der klassischen Stuhlreihe, hin zu einem Ort, der allen gerecht wird: Kindern, Erwachsenen, Ordnungsliebenden.
Eine multifunktionale Eckbank ersetzt fast vollständig das bisherige Mobiliar. Sie bietet Sitzfläche, integriert zwei herausnehmbare Boxen für Zeitschriften und Spielmaterial – und geht spielerisch in einen kleinen Kindertisch über. So entsteht eine klare, ruhige Struktur, die den Raum gliedert, statt ihn zu überfrachten.
Auch wenn der Entwurf bislang auf dem Papier bleibt, zeigt er, was Gestaltung leisten kann: Räume denken, Identität formen und Atmosphären schaffen, die Vertrauen und Ruhe schenken.
Fakten
Standort: Freiburg
Projektart: Designkonzept / Planung / Ausschreibung
Projektgröße: 75 qm
Auftraggeber:
Praxis Dr. Tatiana Tkacheva